Eindrücke von der Venedig Biennale 2024 – Teil I
Venedig – „…eine Stadt, in deren Natur es liegt, die harten Dinge dieser Welt mit einem leichten, verschwimmenden Nebel zu überziehen, eine Stadt, die anstatt auf festem Boden auf 1400 Jahre alten Eichenpfählen ruht und stets nur zwei Mächten in der Welt untertan war: dem Meer und dem Reichtum.“ (Reinhardt Raffelt)
…und der internationalen Kunstwelt, die alle zwei Jahre in die Lagunenstadt einfällt und sie zu ihrem einzigartigen, allmählich versinkenden Spielplatz der Eitelkeiten macht – selbstverständlich geht es dabei auch um die Kunst.
Die Stadt löst in ihrem morbiden Charme eine unglaubliche Anziehungskraft aus und verzaubert jeden, der sie betritt und staunend durch die vergängliche Schönheit wandelt.
Überall haben die Mauern Gesichter…
…an jeder Ecke gibt es eine neue Entdeckung.
… Reichtum, Pracht und Schönheit…
… und Romantik!
Egal wo man hinsieht, man wird kaum eine Stelle in Venedig finden, die nicht den Zauber des Entrückten und Faszinierenden ausstrahlt.
Vielleicht ist es ihrer Einmaligkeit, ihrer Unersetzbarkeit und ihrem unausweichlichen Schicksal zuzuschreiben, die Venedig zum Schauplatz der wichtigsten Kunstschau der Welt gemacht hat. Dieses Jahr feiert die Biennale d´Arte ihre 60. Ausgabe – und jedes Jahr wird sie größer, ausgefallener weitläufiger mit all den begleitenden Veranstaltungen und Ausstellungen, die zeitgleich stattfinden.
Stranieri Ovunque – Fremde überall, lautet das Motto der diesjährigen Biennale. Die von Adriano Pedrosa kuratierte Hauptausstellung gibt vor allem Künstlern und Künstlerinnen aus dem globalen Süden einen Raum.
In den Länderpavillions läßt sich die thematische Tendenz einer Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit ablesen.
Durch die engen Gassen des ruhigen Stadtteils Castello, der abseits der Touristenströme liegt, suche ich meinen Weg zu den Giardini. Hier hängt noch die Wäsche aus den Fenstern, auch wenn es jedes Jahr weniger wird. Die paar Leute, die sich hierher verirrt haben, sind Biennale Besucher. Man erkennt sie an ihren bunten Presse-Beuteln in denen kiloschwere Kataloge und Presseartikel liegen. Wie ich starren sie regelmäßig auf ihr Smartphone, um die richtige Brücke nicht zu verpassen im Labyrinth der Gassen.
Einen Einblick in einige Länderpavillions in den Giardini gibts im Blog Venedig Biennale 2024 Teil II.
Tipps zur Biennale und weitere Ausstellungen
- Für die Biennale, die bis 24. November 2024 läuft, könnt ihr Tickets in den Ticketständen direkt vor den Giardini, der Arsenale oder im Biennale Büro kaufen, aber am besten ihr bestellt sie einfach online. Empfehlenswert ist das 3 -Tage -Ticket (um die 40,-) wenn ihr in Ruhe alles sehen wollt. Mit einem einfachen Ticket (um die 30,-) könnt ihr jeweils einmal in die Giardini und einmal in die Arsenale. Link zu den Tickets
- Ein Vaporetto braucht ihr nur, wenn ihr sehr weit vom Piazza San Marco entfernt wohnt, normalerweise kann man hier alles zu Fuß erlaufen. Ihr könnt euch dennoch eine Tageskarte (25 Euro) kaufen und den ganzen Tag die Boote nutzen, eine Fahrt auf dem Canal Grande ist ein wunderbares Ereignis, ebenso ein Ausflug zu den Laguneninseln. Wenn ihr Gondel fahren wollt ohne ein großes Budget, nehmt einfach ein Traghetto, eine Gondel-Fähre über den Canal Grande, dann könnt ihr auch eure Vaporetto Karte benutzen.
- YOUR GHOSTS ARE MINE im Palazzo Franchetti, bis 24.November 2024
In dieser vom Doha Film Institut, dem Art Mill Museum und dem Mathaf: Arab Museum of Modern Art initiierten Ausstellung zeigen über 40 Videokünstler ihre Arbeiten. Der Eintritt ist frei.
- Pierre Hueghe in der Punta della Dogana, bis 24.November 2024
Von dieser Ausstellung schwärmen alle Besucher und ich war auch sehr beeindruckt. Am besten ihr bucht euer Ticket online, es gilt auch für den Palazzo Grassi, in dem ihr die Julie Mehretu Ausstellung sehen könnt.
- Jean Cocteau in der Peggy Guggenheim Collection, bis 16.September 2024
Auch wer kaum etwas weiß über Cocteau wird sich nun spätestens in dieser Ausstellung in ihn verlieben. Auch hier empfehle ich einen online Ticketkauf.
E per mangiare …
- Das Antico Martini
ist ziemlich edel aber lohnenswert, früher ein beliebter Künstlertreff der Avantgarde – ebenso wie heute. Vorher unbedingt reservieren.
- Ristorante da Raffaele
Rustikal mit wunderbarer italienischer Küche! Den Klassiker Spaghetti Vongole könnt ihr euch hier einmal schmecken lassen. Davor Schinken und Melone und danach : hausgemachtes Tiramisu. Reservieren ist immer gut, auf jedenfall wenn ihr mehr als zwei Leute seid.
- Trattoria do Forni
Beliebt bei der Kunstwelt, charmanter Chic und vorzügliches Essen! Unbedingt vorher reservieren.
- Einen Absacker in der Bar al Campanile
Tagüber eine unscheinbare Snack-Café-Bar, und abends ist hier der Zirkus los, zumindest während der Eröffnungstage der Biennale. Zu später Stunde kann es dann passieren, dass einem hier Wim Wenders auf dem Bagno begegnet.
- Da Paolo
Um den Kater zu vertreiben und sich für den Besuch der Arsenale zu stärken, kann man hier ein feines italienisches Lunch zu sich nehmen, einen Teller Linguine essen und einen vorzüglichen Espresso trinken – aber einen schlechten Espresso werdet ihr in Venedig ohnehin kaum finden.
- Frühstück im Rosa Salva
Auf dem Piazza direkt vor der Basilica dei Santi Giovanni e Paolo könnt ihr ein wunderbares kleines Frühstück zu euch nehmen, mit köstlichem kleinen Gebäck oder belegten Croissants und einem Cappuccino ( in Italien darf man den nur – und ausschliesslich – zum Frühstück trinken, alles andere ist ein Affront) und dabei die Tauben und Möwen beobachten. Ihr solltet dabei auf euer Frühstück achtgeben – die Möwen schnappen es euch hin und wieder direkt vom Teller weg. Von dort sind es übrigens nur wenige Meter zu den Vaporettos, die euch zur Toteninsel San Michele bringen. Oder nach Murano, der Laguneninsel, die berühmt ist für ihre weltbekannte Glaskunst und Burano, dem pittoresken Fischerdorf mit den bunten Häusern.
Textquelle:
Reinhardt Raffelts, Eine Reise nach Neapel, Prestel Verlag München 1957, 12. Auflage 1996, S. 84