„GENIALE DILLETANTEN“ IM HAUS DER KUNST MÜNCHEN 26.06. – 11.10.15

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F.S.K.

 

„Es ist eine seltsame und fremde Welt“
Der Plan

Sie können nicht singen und nicht spielen, buchstabieren das Wort Dilettanten falsch und sie haben eine Botschaft: „Wir haben keine Illusionen, uns kann man nichts vormachen – Wir sind anders und passen nicht Euer Bild“  –  Wir sind die zahlreichen Gruppierungen einer Subkultur in Deutschland in den späten 70ern bis Mitte der 80er Jahre, die trotz ihrer enormen Diversität alle eines gemeinsam haben: Ihre absolute Unangepasstheit. Sie brechen mit den Normen einer konsumorientierten Gesellschaft und den Hippie-Idealen einer friedvollen Welt, bilden experimentelle, performative Bands mit teils düsteren, desillusionierten und teils dadaistisch-absurden Inhalten.

Alex Hacke und Kiddy Citny, Berlin 1981, Foto von Anno Dittmer

 

DER PLAN

 

Bands wie Die Tödliche Doris, Palais SchaumburgDer Plan, F.S.K. und die Einstürzenden Neubauten gehen neue Wege und finden neue Formen in der Musik – sie entwickeln ihre ganz eigene Sprache, die schließlich in die Neue Deutsche Welle mündet. „Es passierte etwas, man wußte nicht was, aber es war genial.“ sagt N.U. Unruh von den Einstürzenden Neubauten.

Blixa Bargeld, Konzert der „Einstürzenden Neubauten“ im Haus der Kunst

 

DER PLAN

 

DIE TÖDLICHE DORIS

 

Wie die Punkbewegung in England, die schon 1979 ihren Höhepunkt überschritten und dann bis heute zum Accessoire verkümmert ist, verschwindet auch in Deutschland das Subversive in den Jahren nach 1983 allmählich durch die heranschreitende Kommerzialisierung. „Die Stimmung ist vertrocknet , der Boden entwässert, die Gesellschaft übernimmt es und in dem Moment ist es nicht mehr subversiv, nicht mehr neu.“ heisst es im Film Geniale Dilettanten von Mathilde Weh, Kuratorin der Ausstellung im Haus der Kunst, München. Die Strahlkraft dieser Zeit, das anarchistische Moment der völligen Verweigerung, hat Mathilde Weh in dieser Ausstellung zusammengeführt ohne sie dabei nostalgisch zu verzerren.

Abgesang auf die Zombiegesellschaft – Ina Barfuss, Requiem, 1985

 

Peter Bömmels, Die einfache Krankheit, 1981

 

Die Welt zerbröselt – A.R.Penck, Irish Pub, 1982

 

Martin Kippenberger, Bitte nicht nach Hause schicken, 1983

 

„Die Utopie wird immer besser, während wir darauf warten“
Spruch an der Goldenen Bar im Haus der Kunst

In einer Zeit der absoluten Angepasstheit und Funktionalität wirkt die Ausstellung wie eine Aufforderung, wieder eigene Wege zu beschreiten und die Gesellschaft in Frage zu stellen: Wir haben aufgehört zu fragen, uns zu empören, als wären wir zu ignorant oder zu mutlos – wir haben gelernt uns anzupassen und zu funktionieren und flüchten uns in einer beunruhigenden, zerfaserten Gegenwart ins Desinteresse. Das ist das große Problem meiner Generation. Die vollkommene Angepasstheit und Identitätslosigkeit versuchen wir mit angestrengtem Individualismus zu überspielen, der am Ende wieder alles gleich aussehen lässt. Aber da ist der Wunsch nach Veränderung und ein leises Aufbegehren da, das irgendwo leise brodelt und aufbrechen wird, wie ein wütender Vulkan – und dann gibt es vielleicht auch wieder  jene „genialen Momente“, die nur sehr kurz andauern, aber eindringliche Spuren hinterlassen werden…

Die Ausstellung „Geniale Dilletanten“ ist  noch bis 11. Oktober 2015 im Haus der Kunst in München zu sehen.

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Fotos: © Ulrike Theusner